Hab einen kritischen Bericht zu "New Lotus" in Spiegel Online gefunden.
Da scheint einiges nicht nach Plan zu laufen.
Sechs neue Modelle in fünf Jahren - kein anderer Autohersteller hat den Mund zuletzt so voll genommen wie Lotus. Um zu zeigen, wie ernsthaft die Pläne verfolgt werden, lud Firmenchef Dany Bahar jetzt zur Bestandsaufnahme ins Werk nach Hethel. Viel zu sehen gab es nicht.
Dany Bahar ist sichtlich genervt. Beim Autosalon in Paris im vergangenen Oktober triumphierte er als Shootingstar unter den Autobossen und präsentierte kühne Pläne zur Wiederbelebung der Marke Lotus. Doch viele Beobachter trauen der Firma das Investitionsprogramm von rund einer Milliarde Euro ebenso wenig zu wie die Entwicklung von sechs neuen Autos in nur fünf Jahren. Deshalb mischen sich vermehrt bissige Lästereien unter den Jubel - für Bahars Geschmack entschieden zuviel. Deshalb lud er, vor seinem Job bei Lotus war er die rechte Hand von Redbull-Chef Dietrich Mateschitz und danach im Ferrari-Management, jetzt zur Bestandsaufnahme nach Hethel, an den Firmensitz von Lotus. "Wir wollen zeigen, dass wir nicht zu viel versprochen haben. Wir sind voll im Plan".
Um das zu demonstrieren, ließ Bahar zwischen den Werkshallen eine kleine Zeltstadt errichten, in der er jetzt auf der Bühne steht und gemeinsam mit seinem Chefentwickler Wolf Zimmermann noch einmal zusammenfasst, was sich die 1952 gegründete Firma für die Zukunft so alles vorgenommen hat.
Beginnen soll der Reigen der Neuheiten 2013 mit dem Comeback des Modells Esprit. Der Ahn des legendären Dienstwagens von James Bond aus "Der Spion, der mich liebte" wird ein Sportwagen für etwa 130.000 Euro; mehr als 300 km/h schnell und damit auf Augenhöhe mit Porsche und Ferrari. Ihm folgen bis 2015 das viersitzige Coupé Elite, die nächste Generation der Elise und als Antwort auf Sport-Viertürer wie Porsche Panamera den Aston Martin Rapide der Eterne.
Als Clou für die Stadtindianer unter den Lotus-Fans haben die Briten noch einen Kleinwagen auf dem Zettel, den sie gemeinsam mit Mehrheitseigner Proton entwickeln - ganz ähnlich wie es Aston Martin mit dem Cygnet tat, der eigentlich ein Toyota iQ ist. Und spätestens 2017 soll das Modell Elan mit neuem Schwung auf die Straße kommen. Zu allem Überfluss soll jede Baureihe in einer Standard sowie einer besonders sportlichen R- und einer Leichtbauversion geben. "Und alle Zweitürer gibt es darüber hinaus auch als Roadster", sagt Chefentwickler Zimmermann.
Ein nagelneuer V8-Motor soll in Eigenentwicklung entstehen
Es dürfte ein Kraftakt sondergleichen werden. Im verschlafenen Hethel, drei Stunden nordöstlich von London, werden derzeit rund 2500 Autos pro Jahr gebaut. In Zukunft sollen es bis zu 8000 Fahrzeuge werden, rechnet Bahar vor.
Zunächst sollen die Neulinge mit Benzinmotoren, wenig später aber auch mit Hybridantrieb zur Verfügung stehen. Und den neuen Kleinwagen will Lotus ausschließlich mit alternativen Antrieben anbieten - ob rein elektrisch oder ebenfalls als Hybridvariante, wollen die Briten aber noch nicht verraten.
So ambitioniert die Pläne sind - sie sind im Prinzip nicht mehr neu. Lediglich drei Punkte wurden seit Paris konkreter: Das Stadtauto ist jetzt keine Studie mehr, sondern soll unter dem Namen Ethos in Serie gehen. Das Debüt des Sportwagens Elan verschiebt sich um drei Jahre nach hinten. Und statt getunter Toyota-Motoren will Lotus jetzt ein selbst entwickeltes Achtzylinder-Aggregat einsetzen. Konstruiert wie ein Rennmotor, soll der V8 extrem leicht und kompakt werden. Zimmermann nennt folgende Eckdaten: 4,8 Liter Hubraum und 570 PS.
Wie ein AMG-Mann zum Job bei Lotus kam
Hätte man Zimmermann, der für Mercedes-AMG den SLS entwickelte, vor einem Jahr zu einem Job bei Lotus gefragt, hätte er vermutlich nur gelächelt. "Ich habe nicht im Traum daran gedacht, hier zu arbeiten. Ich war ja bis dahin noch nicht einmal einen Lotus gefahren", sagt er. Dass er jetzt doch in Hethel sitzt und fünf neue Autos gleichzeitig entwickelt, verdankt er dem Jetlag nach einem Rückflug aus Korea. "Im Flugzeug hatte ich ein Portrait über die Marke gelesen und im Tran danach entschieden, mir deren Angebot wenigstens einmal anzuhören."
Daraus wurde dann der neue Job. Und in dem ist das Tempo hoch. "Wo man bei Mercedes stundenlang präsentieren, diskutieren und überzeugen musste, setze ich mich hier nur mit Designer Donato Cocco zusammen und mache einfach", sagt Zimmermann. "Solange ich Budget und Zeitplan einhalte, habe ich beinahe Narrenfreiheit."
In der Theorie klingt das vernünftig. Wenn während Zimmermanns Vortrag Konstruktionsskizzen über die Leinwand flimmern, und von einem Kosten senkenden und zeitsparenden Gleichteileanteil von mehr als 50 Prozent bei allen Modellen die Rede ist, dann hört sich das durchaus plausibel an. Andererseits: Papier ist geduldig und Powerpoint frei programmierbar. Und einen Nachweis, dass wirklich was voran geht, gibt es in Hethel nicht zu sehen.
Wo ist der Aufbruch, den Lotus so vollmundig verkündet?
Von Aufbruchstimmung und einer angeblichen 100-Millionen-Euro-Investition in die Fabrik zeugen lediglich ein paar Bagger, die am Werk sind. Außerdem der frische Asphalt auf dem zur Formel-1-tauglichen Rennstrecke erweiterten Testoval und neue Farbe an manchen Hallen. Das Museum und Kundencenter, das als Technikinsel inmitten eines künstlichen Sees an die Zentrale von McLaren erinnert, gibt es nur als Computeranimation. Wo später mal das Motorsport-Center über der Boxengasse thronen soll, flattern jetzt Zeltplanen im Wind. Und statt neuer Autos rollen alte Rennwagen aus goldenen Lotus-Tagen über die Teststrecke.
Von der Zukunft jedoch war in Hethel außer ein paar bunten Grafiken und dem mittlerweile ziemlich ramponierten Ethos-Showcar aus Paris nicht viel zu sehen. Der Blick in die Produktionshallen blieb den Gästen verwehrt, Designstudien und Entwicklungsmodelle waren weggesperrt, von Prototyp wurde erst gar nicht gesprochen. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
Eine Neuigkeit am Rande gab es dann aber doch noch: die neue ,Merchandising-Linie "Lotus Originals". Accessoires statt Autos.
Quelle: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,769887,00.html
Grüsse
Domi